Irland braucht Rettungsschirm für Euroländer

Urs Bruderer und Maren Peters, Rendez-vous (DRS1), 22.11.2010

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Irland hat um Hilfe gebeten. Das Land rettet sich unter den 750-Milliarden-Rettungsschirm für Euroländer in Not, der diesen Frühling aufgespannt wurde. Allein die Existenz eines solchen Schirmes, hiess es damals, sei so beeindruckend, dass er nie gebraucht werden würde. Diese Hoffnung erwies sich als falsch. Es stellt sich nun auch die Frage, ob die Krise weitere Euroländer erfassen könnte.



NZZonline, 22.11.2010

G7-Finanzminister begrüssen Rettungsschirm für Irland

Die geplante Hilfe für Irland durch die EU und den Internationalen Währungsfonds ist auf positive Resonanz gestossen. Die Finanzminister der G7 begrüssten das rasche Vorgehen, die USA suchen weiterhin eine enge Zusammenarbeit, um die Märkte zu stabilisieren.

Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) haben den Euro-Rettungsschirm für das krisengeschüttelte Irland begrüsst.

Rasche Reaktion
«Die koordinierte Aktion der europäischen Länder und des IMF reflektieren unsere Entschlossenheit, schnell und entschieden zu handeln, um Risiken zu entschärfen, die Marktstabilität zu erhalten und die globale Erholung zu schützen», hiess es in einer gemeinschaftlichen Mitteilung, die in der Nacht zum Montag vom kanadischen Finanzministerium veröffentlicht wurde.

Im Kampf gegen seine Banken- und Haushaltskrise war Irland am Sonntag unter den Rettungsschirm von EU und IMF geflüchtet. Teil der Aktion sind Hilfen für irische Banken, die wegen der Finanz- und Immobilienkrise in eine Schieflage geraten sind.

Kürzung von Sozialleistungen absehbar
Als Bedingung für Hilfen an Irland zeichnete sich ab, dass sich die Bürger auf drastische Kürzungen von Sozialleistungen gefasst machen müssen. Die Regierung wolle den Rotstift bei Zuwendungen an Kinder, Mindestlöhnen und beim Arbeitslosengeld ansetzen, berichteten irische Medien.

Insgesamt wolle Irland bis 2014 rund 15 Milliarden Euro einsparen, sagte die irische Tourismusministerin Myary Hanafin dem Sender RTE. Der Plan sei bereits erarbeitet worden, müsse aber noch von den europäischen Behörden abgesegnet werden.

80 bis 90 Milliarden Euro
Das Hilfspaket der EU und des Internationalen Währungsfonds (IMF) für Irland werde wahrscheinlich einen Umfang von 80 bis 90 Milliarden Euro haben, hiess es aus EU-Kreisen. Politiker hatten zuvor Sorge geäussert, dass die irische Krise auf andere Staaten übergreifen könnte.
Enge Zusammenarbeit mit den USA

Das amerikanische Finanzministerium teilte mit, dass die USA weiterhin eng mit den Europäern und dem IMF zusammenarbeiten wollten, um die Märkte zu stärken.

Positive Reaktion aus Portugal
Das ebenfalls krisengeschüttelte Portugal äusserte sich auch positiv zu Irlands Bitte um Finanzhilfen. «Die Tatsache, dass Irland beträchtliche Hilfen in Anspruch nehmen kann, reduziert die Unsicherheit und verstärkt das Vertrauen in die Märkte», sagte Finanzminister Fernando Teixeira.

Im Gegensatz zu Irland sei Portugals Bankensystem gut gerüstet. Portugal hatte in der Vergangenheit dementiert, ausländische Kreditgeber um finanzielle Unterstützung bitten zu wollen.



Marco Metzler, NZZonline, 22.10.2010

Irland sorgt nur für kurzzeitigen Schub

Die Nachricht, dass Irland ein Hilfspaket von maximal 100 Milliarden Euro annehmen wird, hat an den Finanzmärkten kein Kursfeuerwerk ausgelöst. Die Aktienmärkte und der Euro legten kaum zu. Dunkle Wolken ziehen in China auf.

Die Flucht von Irland unter den Schutzschirm der EU und des IMF – als zweites Land nach Griechenland – hat die Finanzmärkte rund um den Globus nur kurzfristig Auftrieb gegeben. Der Swiss Market Index (SMI) lag um 9 Uhr 30 rund 0,4 Prozent im Plus, gab aber bis 10 Uhr bereits einen Teil der Gewinne wieder ab. Zur Mittagszeit drehte der Index gar ins Minus.

Die Aktien der Grossbanken UBS und Credit Suisse legten bei Börseneröffnung um mehr als 1 Prozent zu; auch hier verflüchtigten sich die Gewinne rapide – schon im Laufe des Vormittags drehten beide Aktien ins Minus und bauten die Verluste zur Mittagszeit weiter aus.

Uneinheitliche Börsenreaktion
Der Euro legte anfangs gegenüber dem Franken, dem Dollar und dem Yen zu. Aber schon wenige Stunden später galt auch hier bald: Wie gewonnen, so zerronnen.

Während die Rettungsaktion am Morgen noch in allen europäischen Aktienmärkten ihre Wirkung zeigte, in dem alle Indizes Montagmorgen im Plus lagen, trübte sich über Mittag die Lage und einige Indizes drehten ins Minus. Sich knapp im grünen Bereich halten, konnten sich lediglich der deutsche und der niederländische Aktienmarkt.

Der Nikkei-225-Index hatte am Morgen noch für Auftrieb gesorgt. Er legte bis Börsenschluss 0,9 Prozent zu – die Abschwächung des Yen gegenüber dem Euro sorgte für gute Stimmung. Gewinne gab es auch in Taiwan, Südkorea und Australien.

Dunkle Wolken über China
Ob die positive Stimmung allerdings lange anhält, ist umstritten. Laut Analysten der Bank Vontobel ist die Krise um die Finanzkraft Irlands noch nicht ausgestanden. Auch die Spekulationen um eine Leitzinserhöhung in China dürften den Anlegern weiterhin Kopfzerbrechen bereiten.

So widersetzte sich einzig die chinesische Börse der positiven Stimmung und verzeichnete Verlust. Die höheren Mindesteinlagen für chinesische Geschäftsbanken, die ein Ausweiten der Spekulationsblase am Immobilienmarkt verhindern sollen, haben für Unsicherheit gesorgt.


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