Geschichten die der IWF schrieb

sam/sda, Newsnetz, 21.04.2010
Die neuen Leistungsträger der Weltwirtschaft

«Die Erholung kommt schneller voran als erwartet», hiess es im Weltwirtschaftsausblick, der am Mittwoch publiziert wurde. «Das Tempo in den Regionen ist aber sehr unterschiedlich.» Das globale Bruttoinlandprodukt legte demnach in diesem Jahr um 4,2 Prozent zu. Im Januar war nur ein Plus von 3,9 Prozent veranschlagt worden.
Im Krisenjahr 2009 war die Wirtschaft um 0,6 Prozent geschrumpft - das erste Minus der Nachkriegszeit gegeben. Für 2011 erwartet der IWF wie bisher ein Wachstum von 4,3 Prozent. Ein Grund für den gestiegenen Optimismus sind die Fortschritte in den beiden grössten Volkswirtschaften USA und Japan. Für die Vereinigten Staaten erwartet der Fonds jetzt ein Wachstum von 3,1 (bisher: 2,7) Prozent in diesem und 2,6 (2,4) Prozent im nächsten Jahr. Für Japan werden in diesem Jahr 1,9 (1,7) erwartet.

Wenig dynamische Euro-Zone
Die Euro-Länder können damit nicht mithalten: Für die Währungsunion rechnet der Fonds im laufenden Jahr unverändert mit einem Zuwachs um 1,0 Prozent. 2011 sollen es 1,5 (1,6) Prozent sei. Für Deutschland hatte der Fonds bereits Ende März in einem speziellen Länderbericht seine Voraussage für 2010 von 1,5 auf 1,2 Prozent und für das nächste Jahr von 1,9 auf 1,7 Prozent gesenkt.
Der Schweiz stellt der Fonds unverändert ein BIP-Wachstum in diesem Jahr von 1,5 Prozent in Aussicht, für 2011 beträgt die Prognose 1,8 Prozent.

China und Indien boomen
Als Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft sieht der IWF die Entwicklungs- und Schwellenländer. Für sie wird ein Plus von 6,3 für dieses und von 6,5 Prozent für kommendes Jahr erwartet. Damit hob der Fonds seine alten Vorhersagen leicht an. Für China wird 2010 ein Plus von 10,0 Prozent erwartet, für Indien von 8,8 Prozent.


Simon Fatzer, Echo der Zeit (DRS1), 23.04.2010
Griechenland: Währungsfonds zahlt mit

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Einen Drittel des Rettungspakets an Griechenland soll der Internationale Währungfonds IWF beisteuern - 15 Milliarden Euro. Dass Griechenland dies nun will, erfährt der IWF an seiner Frühjahrstagung in Washington.

Gespräch mit Wirtschaftsredaktorin Maren Peters.


Brigitte Zingg, Echo der Zeit (DRS1), 24.04.2010
Lettland leidet unter dem Sparprogramm des IWF

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Griechenland hat Gelder des Internationalen Währungsfonds( IWF) beantragt. Doch dieser wird strenge Auflagen machen.

Lettland weiss bereits, was das bedeutet. Die baltische Republik konnte dank eines Milliardenkredits des IWF den Staatsbankrott zwar abwenden. Das drastische Sparprogramm hat aber Schattenseiten. Diese bekommt vor allem die lettische Bevölkerung zu spüren.


bru/AFP, Newsnetz, 25.04.2010
Die neue Weltmacht
Der Internationale Währungsfonds steigt aus der Asche der Weltwirtschaft zu neuer Grösse auf: Er soll zu einer riesigen Kontrollmaschine ausgebaut werden. Die Bewährungsprobe steht noch bevor.

Die neue Grossmacht der Finanzwelt verbirgt sich hinter einer diskreten Betonfassade in Washingtons Innenstadt. Im Foyer des Gebäudeklotzes aus den 70er Jahren zieren Glasvitrinen mit Geldnoten aus den über 180 Mitgliedstaaten die Wände. Der Internationale Währungsfonds (IWF), so haben es die mächtigen G-20-Staaten 2009 beschlossen, soll in Reaktion auf die Finanzkrise zu einer riesigen Kredit- und Kontrollmaschine ausgebaut werden. Dass das hochverschuldete Griechenland parallel zur IWF-Frühjahrstagung am Wochenende als erstes Euro-Land um einen Milliardenkredit beim IWF nachsuchte, verdeutlicht den Machtgewinn der 1944 gegründeten Institution.

Für den IWF ist Griechenland ein prestigeträchtiger Testfall. Normalerweise kommt der Fonds eher Entwicklungs- und Schwellenländern, die von der Pleite bedroht sind, mit Notkrediten zur Hilfe. Nun wird er erstmals in der Euro-Zone aktiv, was vor wenigen Monaten noch niemand für möglich gehalten hätte. Länder in Zahlungsnot, die vom IWF Hilfsgelder beziehen wollen, müssen sich in der Regel einem strengen Spardiktat unterziehen. Dazu zählen zum Beispiel die Kürzung der Staatsausgaben, Streichungen an Sozialprogrammen und die Privatisierung von Staatsunternehmen.

«Die Griechen sind nicht die Einzigen, die den IWF dämonisieren»
Diese Vorgaben, deren Details noch mit Athen ausgehandelt werden müssen, treffen nun ein Euro-Land. 15 Milliarden Euro soll Athen vom IWF bekommen, weitere 30 Milliarden Euro von den Euro-Ländern. Viele Griechen hegen grosse Vorbehalte gegen den Washingtoner Fonds. «Die griechischen Bürger müssen keine Angst vor dem IWF haben», versuchte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn am Wochenende die Sorgen zu zerstreuen. «Wir sind da, um zu helfen.» Strauss-Kahn räumte ein, dass die IWF-Kredite mit einem Stigma behaftet sind: «Die Griechen sind nicht die Einzigen, die den IWF dämonisieren», sagte er.
Dass die Europäer trotz anfänglicher Vorbehalte den IWF eingeschaltet haben, stärke dessen Prestige erheblich, sagt der Ökonom Domenico Lombardi vom Brookings-Institut in Washington. Er sehe in der griechischen Schuldenkrise «einen grossen Gewinner, nämlich den IWF-Direktor, der geschickt die Uneinigkeit der Europäer ausgenutzt hat und dem IWF gegen alle Widerstände eine grössere Rolle in Europa verschafft hat». Die Euro-Länder hätten sich im Vergleich zum IWF als ziemlich zahnlos erwiesen: «Die Aufsichtsmechanismen haben versagt, weil sie anders als etwa beim IWF nicht mit Durchsetzungsmechanismen verbunden sind.»

IWF hatte mit Bedeutungsverlust zu kämpfen
In den gefürchteten Spardiktaten des IWF liegt ein gewisser Reiz für die EU: Griechenlands EU-Partner können die IWF-Sparkommissare nach Athen voranschicken, ohne sich selbst dem Unmut auszusetzen. Bundesbankdirektor Axel Weber deutete in Washington an, was auf die Griechen zukommen könnte: strenge Haushaltsdisziplin, Einsparungen beim Gesundheitswesen, eine Erhöhung des Renteneintrittsalters. Der IWF werde nicht nur Notkredite austeilen, sondern «die Strukturreformen in den Mittelpunkt stellen», sagte Weber.
In den letzten Jahren hatte der IWF mit anhaltendem Bedeutungsverlust zu kämpfen, nun steigt er aus der Asche der Weltwirtschaftskrise zu neuer Grösse auf. Die Chefs der 20 grössten Industrie- und Schwellenländer (G-20) hatten im vergangenen Jahr beschlossen, ihn zu einer zentralen Kontroll- und Aufsichtsinstanz für die Weltfinanzsystem zu machen. Optimisten sehen ihn als eine Art finanzpolitischen Weltsicherheitsrat der Zukunft.
Die Bewährungsprobe steht aber noch bevor. Bis im Oktober soll der IWF konkrete Politikempfehlungen vorlegen, wie etwa die riesigen globalen Ungleichgewichte beim Handel abgebaut werden könnten, die einer der Auslöser für die Finanzkrise waren. Überschussländer wie Deutschland und China müssten mehr konsumieren. Defizitländer wie die USA müssten mehr sparen und mehr exportieren. Auch um eine umstrittene Sondersteuer von Banken soll es gehen. Hier muss der IWF seine Durchsetzungskraft erst noch beweisen.


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