Die untere Berner Altstadt und dessen Leist - Sicherheit, Umfragen und Angstmache

Im Bund des 25.3.10 erschien ein Artikel mit dem Titel Die Angst in der unteren Altstadt, darin wird Edi Franz, Präsident des Altstadtleistes, das Wort gegeben. Er betont, dass sich zwei Drittel der AnwohnerInnen nachts in der unteren Altstadt unsicher fühlten. Weiter streicht er hervor, dass das Nachtleben in der unteren Altstadt teilweise die Grenze des Erträglichen überschritten habe. Dies gehe aus einer Umfrage der Vereinigten Altstadtleiste (VAL) hervor, die unter den AltstadtbewohnerInnen letztes Jahr durchgeführt wurde.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der unteren Berner Altstadt sind verunsichert. Eine Umfrage der Vereinigten Altstadtleiste (VAL) hat ergeben, dass sich deutlich mehr als die Hälfte der Anwohner in der Nacht erheblich oder unzumutbar in ihrem Sicherheitsgefühl gestört fühlen. Zwischen 22 und 2 Uhr sind es 55 Prozent, zwischen 2 und 7 Uhr morgens sogar 66 Prozent. Nicht einmal jeder Zehnte beurteilt die Sicherheitslage nach Mitternacht als unproblematisch. Mit einer Zustimmung von 50 bis 70 Prozent werden auch die verwandten Problemkreise Verschmutzung, Vandalismus und Lärm des Nachts als erheblich oder unzumutbar beurteilt. Die Umfragebögen wurden Ende letzten Jahres in alle Briefkästen der unteren Altstadt verteilt. An der Befragung teilgenommen haben 186 Personen.

link_ikon aus Christian Brönnimann, Die Angst in der unteren Altstadt, Der Bund 25. März 2010.


Interessant an der Umfrage ist aber nicht das Resultat an und für sich, sie ist viel mehr ein interessantes Beispiel dafür, wie sich mit Umfragen Politik machen lässt. Die Rücklaufquote der Umfrage lag bei 186 ausgefüllten Bögen, darunter gemäss Selbstdeklaration 151 AnwohnerInnen, 44 GewerblerInnen und 42 Haus- oder WohnungsbesitzerInnen.(1) Gemäss dem Statistischen Amt der Stadt Bern lebten Ende 2008 in der unteren Altstadt 3226 Personen (link_ikon Grünes, Weisses und Schwarzes Quartier).(2) Die Rücklaufquote aus dem Mattequartier, das mit 1153 Personen mehr als ein Drittel der Altstadtbevölkerung ausamcht, lag gar nur bei 10 Bögen. Insofern liegt die Rücklaufquote bei nicht einmal 10% der AnwohnerInnen und die eingegangenen Umfragebögen wurden gemäss Pressemitteilung des VAL in keiner Weise nach Alter, Geschlecht oder sonstigen soziologischen Kriterien differenziert.

Die Erhebung des Leistes ist also alles andere als repräsentativ und kann keinesfalls als realistische Einschätzung aus dem Quartier bewertet werden. Insofern dient die Erhebung letztlich nur dem Zweck der populistischen Stimmungsmache und der Anheizung der von bürgerlichen und bisweilen auch linken PolitikerInnen geführten Kampagne zur Berner (Un-)Sicherheit. Der Gemeinderat und die rechts bürgerlichen PolitikerInnen werden diese Vorlage zu nutzen wissen - Seriosität der Umfrage hin oder her.

1 - Umfragedetials des VAL [PDF]
2 - Bevölkerungsbewegung nach Statistischen Bezirken 2008 [PDF 30 KB]

(link_ikon In angepasster Version als Leserbrief im Bund des 29.03.2010 erschienen.)


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