Der soziale Raum des Todes

Neue Publikation von Kathrin Huber in den Neuen Berner Beiträgen zur Soziologie:

Der soziale Raum des Todes. Friedhöfe in den Städten Bern und Luzern
Die Friedhöfe sind heute als Orte der letzten Ruhestätte noch immer ein wichtiger Bestandteil des schweizerischen Bestattungswesens. In ihnen findet ein Teil der emotionalen Verarbeitung von Trauer, aber auch eine praktische Bewältigung des Todes statt. Das gängige Image der Friedhöfe vermittelt das Bild eines tristen, uninteressanten und möglichst zu meidenden Ortes in den Dörfern und Städten. Eine nähere Betrachtung der Stadtfriedhöfe Luzerns und Berns zeigt aber, dass auf dem Friedhof einiges vor sich geht: Hecken schneiden, Blumen giessen, Beerdigungen feiern, jäten, picknicken und Blumen verkaufen beispielsweise. In diesen scheinbar banalen Handlungen und den verschiedenen Gegenständen, die sich auf dem Friedhof befinden, lassen sich soziale Tatsachen erkennen, die über ein tristes Immergleiches hinausgehen und viele Eigenschaften der Gesellschaft und dem Umgang mit dem Tod abbilden.

Am Beispiel des Luzerner Friedhofs Friedental sowie des Schosshalden- und des Bremgartenfriedhofs in Bern kann exemplarisch gezeigt werden, wie Friedhöfe als Räume gesellschaftlich konstituiert sind. Eine vertiefte Einsicht in die Welt der Friedhöfe lässt erkennen, welche soziale Relevanz sich in ihren einzelnen Elementen finden lässt. Als historisch gewachsene Räume lassen die Friedhöfe und ihr Wandel eine Entwicklung des Umgangs mit dem Tod, mit den Verstorbenen, aber auch mit „anderen Räumen“ der Stadt nachvollziehen.

Die Friedhofskultur der Städte Bern und Luzern wird anhand verschiedener Aspekte des Friedhofsraumes und seiner historischen Entwicklung beleuchtet. Dazu werden die Fragen erläutert, welche Funktionen die Friedhöfe heute erfüllen müssen, wie ein Friedhof im Idealfall aussehen soll, wie er im städtischen Umfeld eingebettet ist oder sich von ihm abgrenzt, inwiefern der Friedhof „Raum des Todes“ genannt werden kann und wie die Zeit in den Friedhöfen vergeht.

Anhand der Analyse einer umfangreichen Sammlung von Dokumentationen, Archivmaterial und Expertenaussagen wurde der Friedhof aus soziologischer Perspektive untersucht. Besondere Bedeutung kommen dabei den Einschätzungen der Friedhofsverwalter, Landschaftsarchitektinnen und Stadtgärtner zu, die sich in ihrem Alltag mit den ganz konkreten Problemen der Friedhofsgestaltung und -verwaltung beschäftigen und sich dabei mit dem Tod, dem Frühlingsflor, den Grabsteinen, dem gefrorenen Boden im Winter, den Bedürfnissen der trauernden Angehörigen und vielen anderem mehr konfrontiert sehen.

Diese soziologisch-historische Aufarbeitung der Charakteristika schweizerischer, städtischer Friedhofskultur gewährt einen Einblick in einen vernachlässigten Raum, einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Friedhofs- und Bestattungswesen und einen Ausblick auf die Fragen, die dazu in Zukunft zu diskutieren sind.

link_ikon Bestelladresse beim Institut für Soziologie


Creative Commons LicenseDieses Werk ist unter einer
Creative Commons-Lizenz
lizenziert.

Trackback URL:
https://rageo.twoday.net/stories/6136484/modTrackback