Oberfeld Bern: «Wir planen eine urbane Siedlung»

Lisa Stalder, Der Bund, 24.12.2009

Christian Zeyer, Präsident der Wohnbaugenossenschaft Oberfeld, nimmt im «Bund»-Interview Stellung zur geplanten, sogenannt nachhaltigen Siedlung.

Herr Zeyer, seit zwei Tagen ist klar, dass das Projekt «Autofreies Wohnen auf dem Oberfeld» nun doch realisiert werden kann. Dies, nachdem es im April dieses Jahres danach ausgesehen hat, als ob das Thema vom Tisch sei. Sie können Weihnachten heuer gleich doppelt feiern.
Christian Zeyer: Uns ist im Moment in der Tat zum Feiern zumute. Dies, weil der letzte Chlapf, also das Unterzeichnen des Kaufrechtsvertrags, so kurz vor Weihnachten zustande kam. Allerdings wussten wir bereits seit August, dass die Sache auf gutem Weg ist. Damals haben wir zusammen mit der Vorsorgestiftung des Verbands Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte eine Vereinbarung unterschrieben; in dieser wurde festgehalten, dass uns die Vorsorgekasse einen Teil des Grundstücks abtreten werde. Wir mussten uns aber bis jetzt gedulden, da die Vorsorgestiftung noch eine Reihe technischer Abklärungen durchführen musste.

Das erste Treffen zwischen der Wohnbaugenossenschaft Oberfeld (WBGO) und der Vorsorgestiftung verlief nicht sonderlich harmonisch.
Nun, wir hatten sicher keinen idealen Start. Beide Parteien hatten ihre Vorstellungen, wie es auf dem Oberfeld weitergehen sollte, und diese waren nicht direkt kompatibel. Doch da beide Seiten zu Kompromissen bereit waren, konnten wir uns relativ schnell einigen, als klar war, dass die Vorsorgestiftung das Land kaufen würde.

Worauf haben Sie sich schliesslich geeinigt?
Die Vorsorgestiftung hat uns eine Teilfläche von 10 000 Quadratmetern angeboten. Sie verkauft uns dieses Land zu vergleichbaren Konditionen, wie sie es von der Stadt Bern erhalten hat. Wir gehen davon aus, dass sich auf dieser Fläche plus/minus 80 Wohnungen realisieren lassen.

Laut der WBGO sind die Wohnungen spätestens Ende 2012 bezugsbereit. Welche Schritte sind nun nötig, damit Sie dieses Ziel erreichen können?
Als Erstes werden wir unsere Genossenschafter um uns scharen. Dabei gilt es für uns herauszufinden, wer nach wie vor Interesse hat, ins Oberfeld zu ziehen, und wer nicht. Es gibt in der Genossenschaft auch Leute, die sich nicht für eine Wohnung interessieren, das Projekt aber trotzdem unterstützen, weil sie es eine gute Sache finden. Danach werden wir mit dem Kapital, das die Genossenschafter uns zur Verfügung stellen, die Finanzierung sicherstellen. Parallel dazu beginnen wir nun natürlich mit der Planung.

Zwar erhält die WBGO 10'000 Quadratmeter Land, dennoch wird die Siedlung kleiner als ursprünglich geplant. Müssen nun einige Interessenten über die Klinge springen?
Das kann ich im Moment noch nicht abschliessend beantworten. Allerdings gehen wir davon aus, dass es in etwa aufgehen sollte. Wir haben Leute, die sich seit fünf Jahren für das Oberfeld engagieren. Einige Mitglieder des WBGO unterstützen uns zwar weiterhin, haben für sich in der Zwischenzeit aber eine andere Lösung gefunden. Es sind aber auch immer wieder neue Leute dazugekommen. Wir hoffen also, dass wir niemanden abweisen müssen.

Sollte die Nachfrage dennoch grösser sein als das Angebot, besteht die Möglichkeit, die Siedlung dereinst auszubauen?
Möglichkeiten gibt es immer. Man konnte bereits mehrfach lesen, dass der Gemeinderat überlegt, irgendwann einige Sportplätze im Oberfeld einzuzonen. Da spielt ja auch die zukünftige Linie des Trams eine grosse Rolle. Die restliche Fläche könnte dann überbaut werden, denn Fussball spielen wird man dort nicht mehr können. Möglicherweise ist auch die Vorsorgestiftung gewillt, uns weiteres Land zu verkaufen. Darüber werden wir sicher sprechen, wenn die Nachfrage ausgewiesen ist. Wir hoffen, dass unsere Siedlung dem Oberfeld und der ganzen Gemeinde positive Impulse liefert. Daher sollte es auch möglich sein, eine Lösung zu finden.

Wie wird die Siedlung im Oberfeld aussehen?
Zwar haben wir bereits heute gewisse Vorstellungen, doch genau kann ich diese Frage nicht beantworten. Uns schweben relativ grosse, längliche, gewinkelte Baukörper vor. Ein Stichwort ist ,Durchwohnen, also hinten ein Fenster und vorne eines. Die Gebäude sollen so angeordnet sein, dass wir möglichst viel Sonnenenergie gewinnen. Es sind aber auch Höfe geplant, damit sich das gesellschaftliche Leben der Siedlung entwickeln kann. Im Moment sind das aber erst Gedanken und Vorstudien. Es wird auf jeden Fall eine städtische, eine urbane Siedlung, die gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen ist. Was die Häuser betrifft, ist für uns klar, dass wir den Minergie-P-Standard erreichen wollen. Sollte es finanziell möglich sein, werden wir auch das Eco-Label anstreben.

Lässt sich heute schon etwas über die Kosten des Projekts sagen?
Wir richten uns nach den Vorgaben des Bundesamts für Wohnungswesen. Diese Limiten werden wir einhalten. Wir werden aber selbstverständlich versuchen, das Projekt günstiger zu realisieren. Nicht zuletzt, weil sich diese Kosten eins zu eins auf die Mieten oder den Kaufpreis niederschlagen.

Haben Sie Vorgaben, wie viele Eigentums- beziehungsweise Mietwohnungen es geben soll?
Wir stellen uns vor, dass 40 Prozent der Wohnungen Eigentumswohnungen sein sollen; die restlichen werden wir innerhalb der Genossenschaft vermieten. Das ist unserer Meinung nach ein gutes Verhältnis.

Werden Sie dereinst im Oberfeld eine Wohnung beziehen?
Ich bin vor fünf Jahren in diese Gegend gezogen. Damals gab es das, was ich gesucht hatte, nämlich eine Siedlung wie das Oberfeld, noch nicht. Also bin ich mit meiner Familie in ein Haus gezogen, das wir nach Minergie-P-Standard saniert haben. Im Moment haben wir hier, was wir brauchen. Trotzdem schliesse ich nicht aus, eines Tages ins Oberfeld zu ziehen.


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