Bern zählt wieder 130 000 Einwohner

Christian Brönnimann, Der Bund, 10.10.2009

Erstmals seit zwölf Jahren leben wieder mehr als 130000 Personen in der Stadt Bern. Das Wachstum ist nicht durch eine hohe Geburtenrate, sondern durch Zuwanderung begründet. Fünf Sechstel der Zuwanderer sind Ausländer.

Noch Ende der 1960er-Jahre wohnten über 160000 Menschen in der Stadt Bern. Danach setzte die Talfahrt ein, die ihren Tiefpunkt kurz vor der Jahrtausendwende erreichte. Damals wohnten noch gut 126000 Personen in Bern. Seither steigt die Zahl wieder an, verstärkt in den letzten Jahren. Im September ist sie nun erstmals seit dem Jahr 1997 über die Marke von 130000 Personen gestiegen. Dies haben die Statistikdienste der Stadt Bern gestern mitgeteilt.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat sich die Wohnbevölkerung um 783 auf 130201Personen erhöht. Das Wachstum ist nicht auf einen Geburtenüberschuss zurückzuführen, im Gegenteil: Seit Anfang Jahr wurden 21 Todesfälle mehr registriert als Geburten. Vielmehr ist die Zuwanderung dafür verantwortlich, dass Bern wächst. Dabei fällt vor allem eins auf: Von den 804 seit Jahresbeginn zugewanderten Personen sind 669 ausländischer Herkunft. Damit steigt der Ausländeranteil auch in diesem Jahr weiter. Er beträgt derzeit 22 Prozent.

Viele deutsche Zuwanderer

Die Entwicklung entspreche einem gängigen Schema in Schweizer Städten, erklärt Thomas Weber von den Berner Statistikdiensten. Ein Wachstum – Stichwort Reurbanisierung – sei vielerorts feststellbar. Dass sich Ausländerinnen und Ausländer eher in den Städten niederlassen, begründet Weber mit den besseren Integrations- und Arbeitsmöglichkeiten.

Den «mit Abstand» höchsten Wanderungssaldo haben laut Thomas Weber die Deutschen. Rund ein Drittel der zugewanderten Ausländerinnen und Ausländer stammten aus dem nördlichen Nachbarland. Demgegenüber habe sich die Einwohnerzahl aus klassischen Einwanderungsländern wie Spanien oder Italien kaum verändert. Die Auswertung aller Nationen erfolgt Ende Jahr.

Bern wird jünger
Der zweite auffällige Punkt ist das Alter der Zuwanderer. Die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen ist in der Periode von Januar bis September dieses Jahres durch Zuwanderung um 1511 Personen gewachsen. Bei der Gruppe der über 30-Jährigen besteht demgegenüber ein Abwanderungsverlust von 642 Personen. Bern sei eine «Ausbildungs- und Arbeitsstadt», sagt Weber. Als einzige grössere Schweizer Stadt biete Bern mehr Arbeitsplätze an, als es Einwohner zähle. «Gerade für die Ausbildung oder den Berufseinstieg zieht es viele junge Leute nach Bern», erklärt der Statistiker.

Zufriedener Stadtpräsident

Sehr erfreut über das Wachstum ist der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp). Die Zunahme sei eine Bestätigung der aktuellen Wohnbauförderungspolitik. Diese beginne nun Früchte zu tragen, lässt Tschäppät in einer Mitteilung verlauten. Positiv sei die Entwicklung insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Pro-Kopf-Bedarf an Wohnraum seit Jahren kontinuierlich steige. Dank zahlreicher Neubausiedlungen wie Weissenstein und Brünnen sei es gelungen, sowohl mehr Wohnraum pro Kopf als auch insgesamt mehr Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Laut Statistikdiensten wurden in Bern zwischen 2005 und 2008 rund 900 neue Wohnungen erstellt. Gleichzeitig erhöhte sich der Wohnungsbestand wegen Wohnungszusammenlegungen lediglich um 530 Einheiten. Die Leerwohnungsziffer betrug am 1. Juni dieses Jahres 0,6 Prozent. Das Angebot sei nach wie vor knapp, deshalb habe die Wohnbaupolitik für den Gemeinderat oberste Priorität, so Tschäppät in der Mitteilung.

Allein auf dem Areal Schönberg Ost zwischen Zentrum Paul Klee und Rosengarten sollen in den nächsten Jahren 400 neue Wohnungen für mindestens 1000 Menschen entstehen. Die Grundsteinlegung für dieses Projekt erfolgte vor Monatsfrist. Hinzu kommen weitere Projekte, unter anderem in Brünnen oder Stöckacker Süd.


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