Bildungsunruhen bei G-8-Universitätstreffen in Turin

LucaPinoRelli, Analyse, Kritik & Aktion, 20.5.2009

In Turin fand vom 17. bis 19. Mai eine internationale Universitätskonferenz statt. Es trafen sich 40 Rektor_innen aus G8 Staaten. Am gestrigen Montag sollte die Veranstaltung durch eine internationale Demonstration blockiert werden. Jedoch ging es nicht allein darum die Konferenz zu stören, sondern machtvoll die Anmaßung der Rektor_innen zurückzuweisen sich zum Sprachrohr der Studierenden zu erheben. Als Teil der L‘Onda wird außerdem betont, daß die junge Generation in keinem Fall bereit ist für die Krise des Kapitalismus zu bezahlen.

Aus diesem Grund versuchten einige Tausend, euronews berichtetet von mindestens 2.000 Demonstrant_innen, zum Tagungsort der Universitätsverantwortlichen durchzubrechen. Wie bei indymedia gepostet wurde, äußerte Francesco Profumo, der Rektor der austragenden Polytechnischen Hochschule von Turin, Verständnis für die Notlage der Student_innen.

Laut ap wurden bei den Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrant_innen 23 Sicherheitsbeamte und einige Student_innen verletzt. Drei Demonstrant_innen wurden festgenommen. Die Polizei setzte Tränegas und Wasserwerfer ein. Die geringe Anzahl der Festnahmen deuten darauf hin, daß es, wie im Grunde immer in Italien, Team Green darum ging möglichst viele Demonstrant_innen zu verletzen, zu traumatisieren und einzuschüchtern.



Damit zeigt sich, daß die Welle der Anomalie, die Bewegung gegen die bildungsfeindliche Reformen in seiner Kraft und Ablehnung nicht nachläßt. Angesichts des G8 Gipfels in L‘Aquila zeigt sich wiederum, daß die junge generation keineswegs gewillt ist die Beschneidung ihrer Perspektiven kampflos aufzugeben.

Schon am Freitag und Samstag kam es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstrant_innen nach einer friedlichen Parade zu Beginn der Konferenz, die von Team Green aufgehalten wurde. Die täglichen Demonstrationen der Student_innen, so auch am 18. Mai, wurden durch die Polizie permanent überwacht, behelmt und beschildet begleitet. Der Tagungsort wurde offenbar weiträumig gesperrt.

Die Rektor_innen verschanzten sich somit nicht anders als ihre ersehnten Gesprächspartner_innen beim G8 Gipfel massiv gegen die Intervention derjenigen, die sie doch vertreten wollen. Mit diesem Verhalten führen sie die Freiheit der Bildung als das vor, was sie schon lange ist, nämlich eine neoliberale Konditionierungsfabrik zur Züchung einer ökonomischen Elite. Mit wissenschaft, Kritik und aufklärerischer Erkenntnis hat dies wenig zu tun.

In Deutschland wird vom 15. bis 19. Juni ein Bildungsstreik statt. In Italien ist mensch schon einen Schritt weiter. Dort gibt es, wie sich am Wochenende wieder zeigte, schon jetzt Bildungsunruhen. Ich bin gespannt, ob sich die Universitäten offensiv und kämpferisch beteiligen, oder ob sie sich reformistisch und kompromißlerisch den Universitätsstrukturen anbiedern oder, noch schlimmer, egoistisch die eigene Elitenseele (reaktionär) streicheln werden. In Potsdam scheint es in jedem Fall genügend Wut zu geben den Streik zum Erfolg zu führen.


Schwere Auseinandersetzungen bei G-8-Universitätstreffen in Turin
Micaela Taroni, Junge Welt, 20.05.2009

Rom. Turin ist diese Woche zum Schauplatz schwerer Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitsbeamten und Demonstranten geworden. Am Rande eines G-8-Universitäts-Treffens im Vorfeld des im Juli in L’aquila stattfindenden G-8-Gipfels ist es am Montag nachmittag zu Handgreiflichkeiten zwischen der Polizei und Studentengruppen gekommen. Hunderte junge Demonstranten belagerten das Valentino-Schloß, Sitz der Architekturfakultät, in dem das Treffen stattfand, an dem sich 40 Rektoren von Universitäten aus 19 Nationen beteiligen. Die Polizisten gingen mit Knüppeln auf Studenten los, die Eier gegen die Sicherheitskräfte geworfen hatten. Bei den Auseinandersetzungen wurden einer Aktivistin der Rifondazione Comunista der Arm gebrochen und ein weiterer Demonstrant verletzt.

Auch ausländische Demonstranten, vor allem Franzosen und Engländer, beteiligten sich an der Kundgebung. Zwei Griechen und ein Student aus Bologna wurden von Sicherheitsbeamten festgenommen und erst nach Stunden wieder freigelassen. Die Demonstranten bezeichneten sich als Anhänger der spontan entstandenen Studentenbewegung »Onda«, die seit Monaten gegen die Universitätsreform der Regierung Berlusconi protestiert. Die Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Polizei setzen sich auch am Dienstag fort (Foto). Der Generalsekretär der Rifondazione Comunista, Paolo Ferrero, verurteilte die Verletzung der Aktivistin seiner Partei. »Wir verlangen von der Regierung, daß solche Angriffe auf Demonstranten, die nur eines Polizeistaates würdig sind, sofort gestoppt werden«, sagte Ferrero.


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