"Anständige Randständige" werden (in Burgdorf) nicht vertrieben

Johannes Hofstetter, BZ, 11.9.08

Burgdorf vertreibt Randständige nicht mit polizeilicher Hilfe aus der Unterstadt. Stattdessen denkt die Sozialdirektion über ein Konzept nach, mit dem sie der Szene helfen kann. Ein Alkistübli ist für die Regierung noch kein Thema.

Die Burgdorfer Alkis werden zum politischen Thema: Was der Gemeinderat von den regelmässigen Randständigen-Ansammlungen in der Innenstadt halte, fragte Stadträtin Christine Jost von den Jungfreisinnigen im Juni. Besonders im Entenpark würde die Szene in der Bevölkerung "zu Klagen Anlass" geben, teilte Jost der Regierung per Interpellation mit. Und fragte, ob die Stadt "polizeiliche oder anderweitige Möglichkeiten" habe, um die Situation "zu entschärfen". Es dürfe, findet Jost, "nicht sein, dass Teile des öffentlichen Raums von Kindern und Familien kaum noch benutzt werden können". Deshalb müsse sich der Gemeinderat um die Sache kümmern.

Kaum Strafbares
Diese Ansicht teilt der Gemeinderat nur bedingt. Laut der für die Sicherheitsdirektion zuständigen Gemeinderätin Beatrix Rechner (BDP) braucht die Stadt wegen der Alkiszene keineswegs "polizeilich oder anderweitig" zu intervenieren. "Die 10 bis 15 Randständigen, die sich nicht nur im Entenpark, sondern in der ganzen Unterstadt aufhalten, verhalten sich grundsätzlich anständig", sagt Rechner. Gegen das Gesetz würden die Alkis selten verstossen. "Und so lange sie keine strafbaren Handlungen begehen, gibt es keinen Grund für entsprechende Massnahmen."

"Wie es sich gehört"

Wenn sich die Randständigen allzu lange am selben Ort aufhalten, würden sie von Stadtpolizisten aufgefordert, woanders hinzugehen. Doch selbst bei diesen kleinen Verlegungen gäben die Alkis kaum zu Klagen Anlass: "Sie räumen ihren Unrat jeweils zusammen und entsorgen ihn, wie es sich gehört", sagt Beatrix Rechner.

In sicherheits- und ordnungstechnischer Hinsicht bestehe für den Gemeinderat also kein Handlungsbedarf. Trotzdem sei die Burgdorfer Stadtregierung der Ansicht, dass für die Szene eine Lösung gefunden werden müsse. "Die Sozial- und die Sicherheitsdirektion sind daran, für die Randständigen ein Konzept zu erarbeiten", sagt Rechner. Resultate würden noch keine vorliegen.

Den Randständigen ein Alkistübli zur Verfügung zu stellen sei für den Gemeinderat bisher "kein Thema" gewesen, sagt die Sicherheitsdirektorin. Die EVP-Fraktion ging in dieser Hinsicht einen Schritt weiter. Sie verlangte vom Gemeinderat in einem Vorstoss, für die Randständigen in der Innenstadt ein Reglement zu erarbeiten und ihnen einen betreuten Aufenthaltsraum zur Verfügung zu stellen.

Stübli würde akzeptiert
In einer Umfrage dieser Zeitung sprachen sich die Ortspartei-Exponenten vor einigen Wochen für oder zumindest nicht gegen ein Alkistübli aus. Andreas Diggelmann, der Leiter der Sozialdirektion, sagte, die Stadt würde "versuchen zu handeln", falls Bedarf nach einem derartigen Raum bestehe.
Christine Josts Interpellation wird am Montag im Stadtrat behandelt. Wann der Gemeinderat über den EVP-Vorstoss diskutiert, ist laut Rechner noch offen.


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