Bundesgericht stützt Bettelverbot

sda, 22.5.08

Bettler gehen leer aus
Bettelverbote sind mitder Verfassung vereinbar. Das Bundesgericht hatdas Genfer Gesetz abgesegnet. Laut den Lausanner Richtern sind öffentliche Sicherheit, Ruhe sowie der Kinderschutz wichtiger als das Recht zu betteln.

Der Kanton Genf hatte im vergangenen November das Betteln per Gesetz unter Busse gestellt. Der Verein zur Verteidigung der Rechte der Roma (Mesemrom) und zwei Frauen gelangten dagegen ans Bundesgericht, das ihre Beschwerde nun abgewiesen hat. Laut dem Urteil der Lausanner Richter ist das Betteln als eine Form der Hilfesuche zwar ein elementares Freiheitsrecht, das vom Grundrecht der persönlichen Freiheit erfasst wird. Für die Einschränkung dieser Verfassungsgarantie bestehe indessen ein überwiegendes öffentliches Interesse.

Betteln könne zu Klagen von bedrängten Passantinnen und Passanten oder von Geschäftsleuten führen. Bettler würden sich häufig an exponierten Stellen wie bei Bankomaten oder öffentlichen Passagen positionieren. Viele Leute würden sich geradezu genötigt fühlen, was nicht selten aggressive Reaktionen nach sich ziehe.

Kinder ausgenutzt

Zu beachten sei weiter, so die Bundesrichter, dass Bettler leider oftmals im Rahmen organisierter Netze ausgenützt würden. In erster Linie Kinder seien dieser Gefahr ausgesetzt. Eine Reglementierung des Bettelns sei deshalb auch geeignet, um diese negativen Auswirkungen zu verhindern. Dabei sei auch ein generelles Bettelverbot verhältnismässig.

Der Vorschlag der Beschwerdeführer, das Betteln auf gewisse Gebiete zu beschränken, würde das Problem nur verlagern und zu einer Konzentration in den zugelassenen Zonen führen, argumentieren die Bundesrichter weiter. Die Zahl der Bettler würde kaum abnehmen, und die negativen Auswirkungen auf die dortige Bevölkerung würden noch verstärkt.

Existenz auch so gesichert
Eine zeitliche Beschränkung würde ebenfalls nichts bringen, steht weiter im Urteil aus Lausanne. Auch die Einführung einer "Bettelbewilligung" sei nicht sinnvoll. Illusorisch wäre es schliesslich, bloss aggressives Betteln zu verbieten, da dies eine nahezu permanente Überwachung des öffentlichen Raumes erfordern würde.

Das Bettelverbot ist laut Bundesgericht schliesslich auch mit dem verfassungsmässigen Recht auf ein menschenwürdiges Dasein zu vereinbaren. Das Existenzminimum der Betroffenen sei durch die Sozialhilfe gewährleistet - wenn auch Ausnahmen möglich seien.

"Armut ist strafbar"
Der Verein Mesemrom bedauerte gestern in einer Medienmitteilung das Signal des Bundesgerichts, wonach Armut strafbar sei. Es sei zu befürchten, steht weiter, dass der Entscheid ein Bettelverbot in allen übrigen Kantonen zur Folge habe. Die Schweiz verhindere damit eine Konfrontation mit dem Betteln und eine aktive Mitarbeit an globalen Lösungen.

In der Schweiz kennen viele Kantone bereits generelle Bettelverbote. Die anderen Kantone delegieren diese Frage an die Gemeinden, wobei ausser Bern und Lausanne mittlerweile fast alle grösseren Städte ein Verbot kennen (siehe Kasten).


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