Aufklärungsdrohnen über Bern (Euro08)

Simon Jäggi, Der Bund 20.2.08

Ein Offside wäre erkennbar

Die Kantonspolizei hat gestern eine Aufklärungsdrohne getestet - ob sie bei der Euro 08 zum Einsatz kommt, ist noch nicht sicher.
Wozu eine Drohne nützlich sein könnte - dazu will sich die Kantonspolizei noch nicht im Detail äussern. Auch offen lässt Kommandant Stefan Blättler, ob Aufklärungsdrohnen vielleicht auch nach der Euro 08 zum Einsatz kommen.

"Ranger" liefert scharfe Bilder in die Polizeikaserne Waisenhausplatz, aber ziemlich langweilige. Irgendwo zwischen Dieterswil und Moosaffoltern kreist die Aufklärungsdrohne der Schweizer Armee. Ihre Kamera zoomt in die Eingeweide des Mittellands: auf Waldränder, Einfamilienhäuser, Passanten im Gespräch. Gesichter sind nicht zu identifizieren, aber eine OffsidePosition würde der "Ranger" erkennen, sofern die Perspektive stimmte. Auch vier Kilometer über dem Boden.

Doch es ist keine Reaktion auf die streitbaren Schiedsrichterentscheide in letzter Zeit, dass die Kantonspolizei momentan die Einsatzmöglichkeiten von Aufklärungsdrohnen der Luftwaffe an der Euro 08 prüft (siehe "Bund" vom 13.2.). Im Vordergrund steht die Sicherheit des Grossanlasses. Gestern hat ein erster Testflug stattgefunden, zwei weitere folgen. Danach entscheidet die Kapo über einen allfälligen Einsatz der Überwachungsflugzeuge.

"Wir stehen mitten in der Evaluation", sagt Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei. In welchen Szenarien die unbemannten Überwachungsflieger nützlich sein könnten - da will sich Blättler noch nicht festlegen. Seien doch die Tests erst dazu da, die Möglichkeiten auszuloten.

"Staus auf Autobahnen sind zum Beispiel erkennbar", meint Blättler angesichts der Bilder, die in der Polizeikaserne auf Grossleinwand übertragen werden. Die Drohnen stellten lediglich eines von mehreren Hilfsmitteln dar. Geprüft wird zurzeit auch der Einsatz von Super-Puma-Helikoptern. "Wir können uns während der Euro auch spontan für einen Einsatz entscheiden - die Luftwaffe stünde bereit", sagt Blättler.

Drohnen an Demonstrationen?

Klar ist für den Kommandanten, dass die Drohnen vorderhand nur rund um die Fussballspiele Anwendung finden. 2004 wurden zwei Kiffer durch das Wärmebild einer Militärdrohne geortet und darauf von der Polizei kontrolliert. "Zu solchen Zwecken werden die Drohnen bestimmt nicht eingesetzt", versichert er. Kein explizites Nein folgt aber vom Kapo-Kommandanten auf die Frage, ob die Drohnen auch nach der Europameisterschaft zum Einsatz kommen könnten - etwa an Grossanlässen.

Intime Kenntnisse über die Verwendungsmöglichkeit der "Rangers" hat Othmar Flückiger, Kommandant der Drohnen. Möglich sei etwa, die Routen eines Autos oder eines Flugzeugs zu verfolgen. Die "Race Cam" könne sich an ein Fahrzeug heften, ohne dass sie dabei einer Steuerung bedürfte. Durch die Infrarotkamera FLIR (Forward Looking Infrared) können die Kleinflugzeuge auch nachts Bilder liefern - oder bei einem Gastank den Füllstand erkennen.

Schlechtes Wetter kann dagegen den Einsatz beeinträchtigen. Tief hängende Wolken könnten etwa dazu führen, dass die Drohnen entsprechend tief fliegen müssten - und Lärm verursachten. "Aber sie werden keinesfalls ständig über Bern kreisen", sagt Flückiger. Denkbar sei lediglich ein Einsatz auf Abruf. Bedient wird die Drohne von zwei Piloten der Luftwaffe, vom fliegenden Einsatzleiter und dem Nutzlastoperateur, der die Kamera steuert. Im Falle eines Einsatzes an der Euro stünde der Nutzlastoperateur in Verbindung mit einem Kantonspolizisten, der Anweisungen gäbe. "Es handelt sich um einen subsidiären Einsatz", so Flückiger. Das heisst: Die Kantonspolizei bestimmt, wohin gezoomt wird.

Keine Aufzeichnungen

Zur Verfügung steht der Kapo aber nur die Live-Übertragung, Aufzeichnungen stünden im Besitz der Luftwaffe und würden überspielt, so Flückiger.

Kosten verursachten die Drohnen der Kantonspolizei keine. Die Armee stell tdie Überwachungsflugzeuge unentgeltlich zur Verfügung. "Jeder Einsatz ist besser als eine Übung", sagt Flückiger.


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