Nichts mit privaten Sicherheitsdienst in der oberen Berner Altstadt

Christian Brönnimann, Der Bund, 17.02.2011
Gemeinderat pfeift Nause und Lerch zurück

Die Berner Stadtregierung legt den geplanten privaten Sicherheitsdienst in der oberen Altstadt auf Eis.

Ausser Spesen nichts gewesen. Anders als Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) und Regierungsstatthalter Christoph Lerch (SP) will der Gesamtgemeinderat nichts wissen von privaten Sicherheitsleuten, die in Berns Ausgehmeile für Ruhe und Ordnung sorgen (der «Bund» berichtete). In seiner gestrigen Sitzung hat die Stadtregierung entschieden, dass die Arbeiten am Projekt «seitens der Stadtverwaltung» nicht fortgesetzt werden. «Private Ordnungsdienste sind nicht geeignet, um gegen Gewalt und Vandalismus vorzugehen. Die öffentliche Sicherheit ist ein Service public», schreibt der Gemeinderat in einer Mitteilung. Das staatliche Gewaltmonopol sei in jedem Fall zu respektieren.

Damit stehen Sicherheitsdirektor Nause und Regierungsstatthalter Lerch, welche die Idee zusammen mit der Kantonspolizei lanciert hatten, im Regen. Im Januar hatte Lerch per Brief 33 Wirte und Clubbetreiber im Bereich der Aarbergergasse darüber informiert, dass der Sicherheitsdienst bald eingeführt werden soll und von den Unternehmern selber zu finanzieren sei – mit Beiträgen von bis zu 5400 Franken jährlich. Obwohl daraus nun nichts wird, sieht Lerch das Positive. «Jetzt ist die Haltung der Stadtregierung klar. Somit wissen wir, in welche Richtung wir weiterarbeiten können», sagt er. Denn eins sei klar: Die bekannten Probleme – Vandalismus, Littering, Gewalt – müssten angepackt werden. Immerhin habe die Ankündigung einen Prozess angestossen, sagt Lerch. Das Vorgehen sei aber missverständlich gewesen, gibt er rückblickend zu. «Das Ganze hätte etappenweise und behutsamer aufgegleist werden sollen.»

Nause: «Auf Feld eins zurück»
Reto Nause sagt, rückblickend betrachtet hätte er den Gesamtgemeinderat zu einem früheren Zeitpunkt über das Projekt informieren sollen. Nach der massiven Kritik an der Idee hätten er und Lerch bereits am Montag beschlossen, dass «der Konzeptentwurf in den Schredder wandert». Nun müsse man «auf Feld eins zurück und den Dialog mit den Wirten und Clubbetreibern suchen». Dass mit dem Vorpreschen zu viel Geschirr zerschlagen worden sei, glaubt Nause nicht. Denn unter dem Strich seien alle Beteiligten an einer Verbesserung der Situation interessiert. Das übergeordnete Ziel einer «gemeinsamen Gassenphilosophie» könne auch auf andere Weise angestrebt werden, beispielsweise mit einer gemeinsamen Hausordnung aller Betriebe, wie sie die Stadt Solothurn bereits kenne, sagt Nause.

Wirte sind gesprächsbereit
Gastrobern nehme den Entscheid des Gemeinderates positiv zur Kenntnis, sagt Eveline Neeracher, Präsidentin der Sektion Bern und Umgebung. «Wir sind bereit für Gespräche und schauen vorwärts und nicht zurück. Denn es nützt niemandem etwas, die Faust im Sack zu machen», sagt sie. Auch die IG Aarbergergasse signalisiert Gesprächsbereitschaft. «Wir haben bereits vor einem halben Jahr mit dem Regierungsstatthalter den Dialog gesucht, damals sind wir aber abgeblitzt», sagt IG-Präsident Bernhard Hüsser, der Wirt des Restaurants Moléson, Jetzt freue er sich auf die Gespräche. Bedingung sei aber, dass die Sicherheit auf den Gassen alleinige Sache der Polizei bleibe. Einen Ansatz zur Verbesserung der Situation sieht Hüsser darin, den schwarzen Schafen unter den Clubbetreibern konsequent die Überzeitbewilligung zu entziehen. «Die bestehenden Regeln müssen endlich vollzogen werden.»

Die ursprünglich geplante und im Schreiben angekündigte «Infoveranstaltung» für die Wirte am 4. März wird laut Christoph Lerch nicht durchgeführt. «Wir müssen nun erst einmal die Lage neu analysieren», sagt er.


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