Schanzenpost-Neubau und ein Immobilienmakler der Land von der Stadt will...

Philipp Schori, Der Bund, 5. Juni 2009

Spekulationen um Neubau der Schanzenpost

Ein Immobilienmakler benötigt Land der Stadt, um ein Bauprojekt zu verwirklichen. Dieselbe Stadt will den Hauptsitz der Post unbedingt in Bern behalten. Der Makler hat gegen den dafür notwendigen Neubau Einsprache erhoben. Kommt es zum Kuhhandel?

Die Schweizerische Post möchte ihren Hauptsitz an den Bubenbergplatz verlegen – in einen riesigen Neubau: Ende 2010 werden wesentliche Teile der bestehenden Schanzenpost abgerissen und für 200 Millionen Franken durch einen komplett neuen Gebäudekomplex ersetzt. So jedenfalls lautet das Bauprojekt. Doch nun droht eine einzige Beschwerde den Neubau zu Fall zu bringen. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um Ulrich Buchschacher, den Präsidenten der gleichnamigen Immobilienfirma U. C. Buchschacher AG («Bund» vom 21. April). Die Gründe, die ihn zu diesem Vorgehen bewogen haben, blieben bislang schleierhaft und werfen vor allem eine Frage auf, die auch Buchschacher selbst nicht beantworten will: warum?

Widersprüchliche Aussagen

Mögliche Antworten auf diese Frage liefern gut unterrichtete Quellen aus dem Umfeld der Planungsgruppe, wo der Ärger über die Beschwerde immens ist. Zwei Versionen werden herumgeboten, die letztlich auf dasselbe hinauslaufen: auf einen Kuhhandel um die Schanzenpost. Buchschachers Plan, die ehemalige US-Botschaft im Kirchenfeld umzubauen, liege auf dem Verhandlungstisch, an dem auch über die Schanzenpost diskutiert werde, heisst es. Theoretisch könnte Buchschacher weitere Beschwerden zum Schanzenpost-Projekt von den Verhandlungen um sein persönliches Bauvorhaben abhängig machen – und vice versa.

Buchschacher verneint derartige Vermutungen: «Die beiden Projekte haben überhaupt nichts miteinander zu tun», sagt er. Auf weitere Fragen dürfe er nicht eintreten, weil er in beiden Fällen noch in Verhandlungen stehe.

Auch Stadtpräsident Alexander Tschäppät (sp) spricht von zwei separaten Verfahren. Er wisse im Übrigen gar nicht, ob zur ehemaligen US-Botschaft überhaupt schon ein Baugesuch eingegangen ist. Buchschacher hingegen sagt: Was die Botschaft angehe, seien gegenwärtig «fruchtbare Verhandlungen» mit dem Stadtpräsidenten im Gang. Und Martin Baumann, der designierte städtische Bauinspektor, bestätigt den Eingang eines Baugesuchs zur ehemaligen US-Botschaft. Dieses werde zurzeit materiell geprüft und erst danach bekannt gemacht, sagt Baumann. Die Aussagen sind widersprüchlich: Gibt es etwas zu verheimlichen? Ein Kuhhandel wäre rechtsstaatlich in jedem Fall höchst problematisch; wer wen erpresst, spielt keine Rolle.

Makler in ungewöhnlicher Rolle
Ungewöhnlich ist im Weiteren die Konstellation: Ein Immobilienmakler erhebt Einsprache; ein Immobilienmakler notabene, der selbst schon etliche Bauprojekte realisiert hat – etwa einen Teil der Grossüberbauung Weissenstein-Neumatt. Hinter den häufig unpopulären Einsprachen werden gemeinhin der Verkehrsclub Schweiz (VCS) oder allgemein das links-grüne Lager vermutet. In der Stadt Bern verkörperte der verstorbene Politiker Daniele Jenni (gpb) diese Rolle exemplarisch – aber ein Immobilienmakler?

Gut unterrichtete Quellen wissen: Buchschacher braucht zusätzlich zu seinem Grundstück städtisches Land – nur so könne er sein Bauprojekt bei der US-Botschaft verwirklichen. Sowohl die Stadt Bern als auch Buchschacher würden die beiden Verfahren nun in einen Zusammenhang bringen.

Klar ist: Die Stadt will unbedingt verhindern, dass die Post ihren Hauptsitz in eine andere Stadt verlegt – und mit ihm 2000 Arbeitsplätze. Der Rechtsstreit um den Post-Neubau spielt sich direkt zwischen der Stadt und Buchschacher ab. Buchschacher verlangt mit seiner Beschwerde einen Volksentscheid über das 200-Millionen-Projekt – die Stadt wählte das «vereinfachte Verfahren» ohne Abstimmung, da die Überbauungsordnung nur geringfügig abgeändert werden müsse. Bei der ersten Instanz ist Buchschacher mit seiner Beschwerde abgeblitzt. Als zweite Instanz befindet nun die kantonale Justizdirektion über seine Einsprache. Der Entscheid bezüglich Schanzenpost solle noch diesen Sommer gefällt werden, sagt Urs Loosli von der Justizdirektion. Wird die Beschwerde abgelehnt, stünden Buchschacher weitere Instanzen offen: Er könnte bis vor Bundesgericht gelangen.

Wie verhält sich die Post im Falle weiterer Verzögerungen? Bereits jetzt suche man nach alternativen Standorten für den Hauptsitz, sagt Post-Sprecher Oliver Flüeler.


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