Film' L'Encerclement - Die Demokratie in den Fängen des Neoliberalismus

Stadtkino Basel:
So, 30.5.10, 20.30 Uhr.

Kino in der Reitschule Bern:
Do, 27.5.10, 20.30 Uhr; Fr, 28.5.10, 21.00 Uhr; Sa, 29.5.10, 21.00 Uhr.

Kellerkino Bern:
ab So, 30.5.10 jeden So um 11.00 Uhr.

Filmpodium Zürich
:
ab Do, 10.6.10. Diskussionsrunde zum Neoliberalismus: Fr, 11.6.10 um 18.30 Uhr.

Weitere Infos
:
link_ikon encerclement.info



Die Einkreisung
Matthias Preisser, work, 21.5.10

Vom Mont Pèlerin über Bretton Woods bis nach Griechenland: Ein spannender Film folgt der neoliberalen Verwüstungsspur.

Arbeitslose sollen von individuell angespartem Vermögen statt von der Arbeitslosenversicherung leben, denn diese Sozialversicherung mache Arbeitslosigkeit nur attraktiv. Das sagt nicht irgendein marktgläubiger Spinner, das sagt der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Jean-Luc Migué. Er ist einer der führenden Exponenten der Neuen Politischen Ökonomie und leitender Wissenschaftler am Fraser Institute in Montreal, einem neoliberalen Think-Tank. Weiter ist Migué Mitglied der äusserst einflussreichen Mont Pèlerin Society. Dieses Netzwerk stand am Anfang des Siegeszuges der neoliberalen Ideologie. Gegründet wurde es 1947 vom österreichischen Ökonomen Friedrich August von Hayek.

Und damit ist man mitten im Kernthema des Films "L'Encerclement" (die Einkreisung), aus dem Migués Zitat stammt. Der frankokanadische Regisseur Richard Brouillette versucht nichts anderes, als die Geschichte des Neoliberalismus, seine Thesen und deren Auswirkungen kritisch und umfassend darzustellen. Das Vorhaben ist ambitioniert und gigantisch. Entsprechend ist der Film 160 Minuten lang geraten. 160 Minuten nichts als Interviews mit 13 Köpfen. Rund ein Drittel von ihnen sind Vertreter des Neoliberalismus. Die Mehrheit der Zeit gehört aber den Kritikern und mit der französisch-amerikanischen Politologin Susan George auch einer Kritikerin.

Handfeste Ideologie
Die fast dreistündige filmische Vorlesung wird nicht einen Moment langweilig. Dafür sorgt einerseits die formale Strenge des Films: Er arbeitet mit ruhigen, klaren Schwarzweissbildern und langen Einstellungen. Dazu kommt die strenge Gliederung in zwei Teile von je fünf Kapiteln, wobei jedes Kapitel durch einführende Texttafeln vom anderen getrennt ist.

Andererseits fesselt einen vor allem die Erzählung des Films. Sie entlarvt den Neoliberalismus als wackliges ideologisches Konstrukt. Und zeigt, wie sich die neoliberale Ideologie nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern bis in unsere Köpfe breitgemacht hat. Regiesseur Brouillette geht von einem Aufsatz Ignácio Ramonets aus. Der damalige Chefredaktor der französischen Monatszeitung "Le Monde diplomatique" hatte 1995 in seinem Aufsatz "La pensée unique" festgehalten, wie der Neoliberalismus zu einem "neuen Einheitsdenken" geführt hat. Eindrücklich schildert dies der kanadische Erziehungswissenschaftler Normand Baillargeon. Er beschreibt, wie selbst Betroffene, die wegen dem Profitdenken ihre Stelle verloren haben, ihre Entlassung als notwendig verstehen und einfach hinnehmen.

Geradezu wie ein Wirtschaftskrimi fühlt sich die Szene an, in der der kanadische Wirtschafts- und Politikwissenschaftler Michel Chossudowsky schnell und plastisch erklärt, wie in der Asienkrise 1997 gegen die südkoreanische Währung Won spekuliert wurde. Und wie sich die Spekulanten so nicht nur die koreanische Wirtschaft einverleibten, sondern gleich auch noch die Rettungsgelder von IWF und Weltbank. Brouillettes Film wurde vor dem Ausbruch der Finanzkrise produziert. Kein Problem: Die gleichen Mechanismen laufen heute im Fall der Griechenland- und Euro-Krise ab.

Die DVD kostet Fr. 36.- und ist erhältlich bei link_ikon www.artfilm.ch.


Creative Commons LicenseDieses Werk ist unter einer
Creative Commons-Lizenz
lizenziert.

Trackback URL:
https://rageo.twoday.net/stories/6351118/modTrackback