Forschungswerkstatt Raum - Macht, 29.&30. Juli 2010, Erlangen

Raum als Dimension von Machtverhältnissen - Impulse Michel Foucaults für die kritische Sozialwissenschaft

weitere Infos: link_ikon geographie.uni-erlangen.de

Forschungswerkstatt am Institut für Geographie, Universität Erlangen-Nürnberg
Donnerstag 29.07. und Freitag 30.07.2010

Offensichtlich gibt es zu dem Zusammenhang von Macht und Raum derzeit einerseits einen erhöhten Klärungsbedarf, etwa angesichts empirischer Entwicklungen, welche die analytisch gewohnten Raumkategorien (Nation, Region, Stadt, etc.) zunehmend unterlaufen bzw. nicht mehr darin aufgehen. Andererseits haben neuere Machttheorien und ihr begriffliches Werkzeug zu einem umfassenderen Verständnis von der Räumlichkeit gesellschaftlicher Machtverhältnissen geführt.

Insbesondere Michel Foucault hat in seinen Arbeiten neue Perspektiven eröffnet, um die Relevanz räumlicher Aspekte des Sozialen zu fassen und zu beschreiben. Diese Impulse gehen in unseren Augen über versprengte Aussagen zu Heterotopien und einer Vielzahl räumlicher Metaphern hinaus. Vielmehr ziehen sich Fragen nach Raum und dessen Bedeutung für spezifische Diskurse und Machttechnologien durch Foucaults gesamtes Werk. Dies trifft offensichtlich für den idealen Disziplinarraum des Panoptikons zu, betrifft aber ebenso die Arbeiten etwa zur Gouvernementalität.

Foucault eignet sich damit als vorzüglicher Stichwortgeber für konzeptionelle Debatten um den Zusammenhang von Macht und Raum, die wir im Rahmen einer interdisziplinären Forschungswerkstatt systematisch - und auch unter Einbezug anderer Theorieangebote - initiieren wollen. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2011 in einem Sammelband im Verlag Westfälisches Dampfboot veröffentlicht. Die Diskussion der Forschungswerkstatt soll entlang zuvor schriftlich eingereichter Referate erfolgen, die sowohl theoretische bzw. methodologische Aspekte als auch historische und zeitdiagnostische Arbeiten aus unterschiedlichen Sozialwissenschaften zur Debatte stellen.

Die Tagung unmittelbar voraus geht die Erlangen lecture in cultural geography mit Stuart Elden (Durham) am Mittwochabend. Im Einzelnen entnehmen wir den Arbeiten Foucaults drei produktive Impulse, welche zugleich die drei Themenblöcke der Forschungswerkstatt markieren:

1. Gefragt sind erstens Beiträge, welche physisch-materielle Raumstrukturen in ihren Machtwirkungen analysieren. Dadurch gerät der räumlich-materielle Aspekt des Sozialen, nämlich die faktische Ortsgebundenheit von Individuen, in seinen Machtwirkungen in den Blick, ohne ihn raumdeterministisch zu reduzieren. Orientierend ist hier Foucaults spezielles Herangehen, auf die Positivitäten abzuheben, also auf Sagbarkeiten und Sichtbarkeiten zu fokussieren. (Prominent hier die disziplinarischen Effekte von Architekturen, symptomatisch das Panoptikon).

2. Zweitens bitten wir um Beiträge, die Raum in einem weiteren Sinne machtanalytisch produktiv machen. Stichworte liefert beispielsweise das Konzept der Gouvernementalität: eine Form der Machtanalyse, die sich - wie Foucault selbst am Beispiel mittelalterlicher und früh-moderner Idealstädte skizziert hat - unter anderem auch entlang den jeweils dominanten räumlichen Ordnungsvorstellungen und Leitbildern durchführen lässt.

3. Drittens sollen auch Beiträge eingereicht werden, die epistemologisch einen räumlichen Zugriff auf Gesellschaft unternehmen. Anstoß ist der Vorschlag Foucaults, gesellschaftliche Phänomene in einer topologischen Weise, also in ihrer relationalen Anordnung auf einem (gedachten) Tableau, zu begreifen. Hier öffnet sich eine völlig andere räumliche Perspektive auf Machtverhältnisse, räumlich sind diesmal die Analysewerkzeuge.


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