Kameras sind überall möglich

Anita Bachmann, Bund, 3.7.2008

Das kantonale Polizeigesetz soll den Gemeinden die Videoüberwachung
ermöglichen. Nicht nur nach Straftaten, sondern auch nach "allgemeiner Lebenserfahrung" sollen im Kanton Bern Videokameras installiert werden können. Bern und Biel haben bereits konkrete Vorstellungen.

Was im privaten Raum - in jedem Parkhaus, beim Bancomaten oder im Warenhaus - längst Realität ist, soll auch im öffentlichen Raum möglich werden: die Überwachung mit Videokameras. Mit der Teilrevision des kantonalen Polizeigesetzes soll den Gemeinden diese Möglichkeit eingeräumt werden, um potenzielle Täter abzuschrecken und die Sicherheit zu erhöhen. Im Gegensatz zum Regierungsrat verzichtet die vorberatende Kommission des Grossen Rats nun auf die Beschränkung der Videoüberwachung auf Kriminalitätsschwerpunkte. Eine Videoüberwachung soll nicht nur an Orten möglich sein, an denen bereits Straftaten verübt wurden, sondern auch dort, wo mit solchen zu rechnen ist, wie das Amt für Information mitteilt. So könnten auch bei Neubauten, etwa beim Freizeit- und Einkaufszentrum Westside in Brünnen, "nach allgemeiner Lebenserfahrung" Kameras installiert werden, sagt Grossrat Markus Meyer (sp, Langenthal). Er ist Präsident der vorberatenden Kommission, die den Gesetzesentwurf mit 15 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen verabschiedete.

Polizei muss Zustimmung geben
Während der Vernehmlassung hatte sich die SP kritisch geäussert. "Videoüberwachung schafft eine vermeintliche Sicherheit und bindet finanzielle Mittel, die man besser für mehr Polizeipräsenz oder Prävention zur Zivilcourage einsetzen würde", sagt die Präsidentin der SP Kanton Bern, Grossrätin Irène Marti (Bern). Ganz billig seien Installation, Anschaffung und Unterhalt der Kameras nicht, sagt André Glauser, Kommandant der Bieler Stadtpolizei. Je nachdem, ob bauliche Massnahmen nötig seien, auf welchert und Weise die Daten aufgenommen und gespeichert würden, variierten die Kosten. Pro Kamera rechnet Glauser mit mehreren Zehntausend Franken, zudem müssten diese vor Vandalismus geschützt werden.

Umstritten ist auch der Punkt, dass es für Videokameras eine Zustimmung der Kantonspolizei brauchen soll. Die vorberatende Kommission ist der Ansicht, die Gemeinden sollten vom Fachwissen der Polizei profitieren. "Wenn es ein Gesetz gibt, sollen die Gemeinden in eigener Kompetenz entscheiden können", sagt hingegen Marti. Ob die SP-Fraktion in der Septembersession aber geschlossen gegen die Gesetzesvorlage stimme, sei noch nicht klar.

"Spielregeln und Orte festlegen"
Nötig wurde das Gesetz, nachdem den Städten Bern und Biel aufgrund einer Studie klar geworden war, dass sie gar keine Kameras installieren dürfen. Die beiden Städte feilten bereits an Konzepten, als sie 2005 ihre Vorhaben auf Eis legten. In Bern gibt sich Stadtpräsident Alexander Tschäppät nun vorsichtig: "Es wird nie eine flächendeckende Überwachung geben." Das Stadtparlament müsse genaue Spielregeln zur Auswertung und Vernichtung der Daten sowie den Standorten der Kameras ausarbeiten. Ein möglicher Ort sei beispielsweise die enge und verzweigte Fricktreppe zwischen Altstadt und Mattequartier. Auch in Biel seien die Standorte noch nicht definiert, sagt Glauser. Aber ein Bedürfnis bestehe etwa in der Innenstadt, wo am meisten los sei.


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