Ausstellung: Wo endet die Stadt?, Kornhausforum Bern

26. Mai — 26. Juni 2011

Wo: link_ikon Kornhausforum, Stadtsaal, Altes Kornhaus, am Kornhausplatz, Bern
Eintritt: Freier Eintritt


Öffnungszeiten:

Di – Fr 12:00 – 17:00 Uhr
Do 12:00 – 20:00 Uhr
Sa/So 11:00 – 16:00 Uhr



Die Stadt Bern und ihre Vorortsgemeinden trennt eine politische Grenze. Sie wird aber nicht mehr als solche wahrgenommen, der Übergang von der Stadt in die Agglomeration verläuft fliessend. Im Alltag vieler Bewohnerinnen und Bewohner der Region sind Aussengemeinden und Kernstadt längst Teile des gleichen Lebensraums, auch der Stadtkörper wächst, ohne sich um einmal definierte Grenzen zu kümmern. Wo genau der eigentliche – der politische – Stadtrand liegt, ist oft nicht zu erkennen. Wo hingegen der Stadtkörper endet, ist schnell ersichtlich – draussen in der Region, dort, wo die dichte Besiedlung ausufert in Wiesen und Wäldern. Weit hinter dem eigentlichen Stadtrand, am äusseren Rand der Agglomerationsgemeinden.

Politische Grenze und städtischer Raum, so der Untertitel, dokumentiert die Ausstellung im Kornhausforum am Beispiel der Region Bern. Die Ausstellung zeigt, wie der Stadtraum seit Beginn des 20. Jahrhunderts gewachsen ist und ab den 1960er-Jahren auch die Gemeinden in der Agglomeration, bis dass die Vororte der Stadt selber Städte wurden. Unterdessen ist die Region Bern zu einem einzigen städtischen Raum zusammengewachsen.

Zentraler Teil der Ausstellung ist eine Reihe mit 15 grossformatigen Fotografien des Stadtrands, die Dominique Uldry während eines Jahres der politischen Grenze der Stadt Bern entlang aufgenommen hat. Die Entwicklung des städtischen Raums wird in historischen Fotografien, Dokumenten und Kommentaren dargestellt.

Rahmenveranstaltung:

Stadtführungen: Der Stadt entlang
Stadtrandbegehungen mit dem Kulturjournalisten Konrad Tobler
Samstag, 28. Mai, 13.30 Uhr, Bushaltestelle Zentrum Paul Klee, Linie 12, Bern Nord-Ost (Schosshaldenwald, Burgfeld, Waldau, Schermenwald, Bananenbrücke, Jüdischer Friedhof). Schluss: S-Bahnstation Wankdorf.
Donnerstag, 9. Juni, 18.30 Uhr, Tramendstation Fischermätteli
Bern und Köniz (Weissenstein, Steinhölzli, Morillon, Gurtenbahn). Schluss: Tramstation Gurtenbahn.
Donnerstag, 16. Juni, 18.30 Uhr, Busendstation Schliern
Schliern – vom Bauerndorf zur Agglomerationssiedlung. Schluss: Busendstation Schliern.
Donnerstag, 23. Juni, 18.30 Uhr, Bushaltestelle Bollwerk (beim Brückenkopf) Der Rand der Altstadt (Schützenmatt, Genfergasse, Heiliggeistkriche, Christoffelgasse, Kleine Schanze, Walgasse, Schanzenbrücke, Grosse Schanze). Schluss: Lift Grosse Schanze.
Samstag, 25. Juni, 13.30 Uhr, Tramstation Gäbelbach
Bern West (Gäbelbach, Brünnen, Niederbottigen, Stapfenacker, Friedhof Bümpliz). Schluss: Friedhof Bümpliz, nahe Tramlinie 7.

Dauer einer Führung: Rund 70 Min.; die Führungen finden bei jeder Witterung statt; gutes Schuhwerk wird empfohlen.
Preise: Fr. 50.- für alle 5 Etappen; Fr. 20.- für Einzeletappe. Bezahlung jeweils vor der Führung am Besammlungsort.

Vorträge des Architekturforums Bern
Dienstag, 31. Mai, 19 Uhr
Dieter Sauter, Fotograf /Filmemacher/ Autor, Istanbul
Istanbul, das Land ohne Hauptstadt
Während in Westeuropa die Werbung für Kaffee und Politik sagt: Alles soll so bleiben wie es ist, weiss in Istanbul jeder: Nichts kann so bleiben wie es ist!

Dienstag, 21. Juni, 19 Uhr
Philippe Cabane, Soziologe und Städteplaner, Basel
Bâle sans frontières?
Städtebauliche Visionen und mentale Grenzen in der Dreiländeragglomeration Basel




Bernhradt Ott, Der Bund, 29.05.2011

Bern endet am Rand von Zollikofen

Der städtische Raum ist längst über die Gemeindegrenzen hinausgewachsen. Ausstellungsmacher Bernhard Giger plädiert für eine engere Kooperation von Berns Nachbargemeinden mit der Bundesstadt.

Bernhard Giger, wo endet die Stadt?
Die Stadt endet heute weit ausserhalb der politischen Grenzen. Der Stadtrand wird etwa durch die Siedlung Rüti in Ostermundigen oder den Rand von Zollikofen markiert.

Die Ausstellung im Kornhausforum thematisiert unter anderem die Fusionsversuche Berns mit den Aussengemeinden in den 1920er-Jahren. Woran sind diese gescheitert?
Das hatte verschiedene Gründe: An Fusionen mit Ostermundigen und Bremgarten war die Stadt aus finanziellen Gründen kaum interessiert. Bolligen gegenüber versuchte man zu pokern, indem man eine Eingemeindung nur dann zu akzeptieren bereit war, wenn sich auch Muri mit seinen grossen Landreserven anschliessen würde. Eine Wende brachte die Änderung des kantonalen Steuergesetzes im Jahr 1919. Bis dahin galt die Steuerpflicht am Arbeitsort, wovon die Stadt profitiert hatte. Neu musste am Wohnort versteuert werden, was die finanzielle Lage einer Gemeinde wie Ostermundigen wieder verbesserte.

Vor hundert Jahren scheint man in Sachen Fusionen weiter gewesen zu sein als heute?
Es ist ziemlich erschütternd, dass der politische Prozess seither an Ort getreten ist. Steuerliche Gründe sprechen heute kaum mehr gegen Fusionen, da Regionsgemeinden zum Teil höhere Steuersätze haben als Bern. Es bleibt das emotionale Argument des drohenden Identitätsverlustes. Ein Blick auf Zürich zeigt, dass dieses Argument nicht stimmt. Zürich hat Anfang des 20. Jahrhunderts rund 20 Dörfer eingemeindet. Ein Stadtteil wie Albisrieden hat aber seinen dörflichen Charakter bis heute behalten. Letztlich geht es aber auch um einen drohenden Machtverlust gewisser Gemeindepolitiker. Diese Leute bestimmen heute die Regionalpolitik.

Der Könizer Gemeindepräsident sagte jüngst, Köniz fusioniere eher mit Kehrsatz als mit Bern.
Das sind alte Feindbilder, die heute einfach nur noch provinziell wirken. Köniz ist aber ein Sonderfall, weil die Gemeinde tief in den ländlichen Raum reicht. Vor neunzig Jahren gab es ein Initiativkomitee zur Eingemeindung von Wabern und Liebefeld. Das hätte letztlich aber eine Teilung der Gemeinde Köniz bedeutet, was die damaligen Gemeinde-Oberen abgelehnt haben.

Fusionen scheinen unmöglich. Liegt das Heil beim Wohnungsbau nun in der Verdichtung?
Für Bern ist das ein Lösungsansatz. Die Zustimmung zur Überbauung Holligen signalisiert eine Wende. Noch vor fünfzehn Jahren wäre ein derart deutliches Ja zur Überbauung eines Familiengartenareals undenkbar gewesen.

Kommen nun auch das Viererfeld und die Waldstadt infrage?
Das wird schwierig. Es gibt wohnpolitische Tabus. Das Viererfeld ist ein solches Tabu. Das hat mit sentimentalen Bindungen zu tun. Allerdings schien das beim Bau der Autobahn durch den Wald kein Problem gewesen zu sein.

Und die Waldstadt?
Der Wald ist das andere Tabu. Eine grosse Mehrheit will den Wald nicht für Wohnraum opfern.

Kann Verdichtung die Stadterweiterung ersetzen?
Nein, Verdichtung ist nur eine Massnahme zum Wachstum. Längerfristig ist aber nicht nur die Stadt auf engere Kooperationen angewiesen. Auch die Gemeinden mit abgelehnter Ortsplanung können sich nicht mehr entwickeln. Der Gemeindepräsident von Ittigen hat jüngst im Scherz gesagt: «Jetzt müssen wir halt fusionieren, damit wir wieder Bauland haben.» In einem grösseren Gemeinwesen könnte man die Bautätigkeit im urbanen Raum umfassender regeln. Kann die Regionalkonferenz solche Fragen regeln?Dafür ist das Gebilde wohl zu gross. Aber eine Teilkonferenz Agglo wäre vielleicht das richtige Gefäss.

Die Verdichtung in der Stadt hat Grenzen. Die abgelehnten Ortsplanungsrevisionen blockieren viele Regionsgemeinden. Wo liegt der Ausweg?
Eine nächste Generation wird den städtischen Raum anders sehen. Heutige Zwanzigjährige bewegen sich viel selbstverständlicher im urbanen Raum. Diese Generation wird die heutigen Gemeindegrenzen infrage stellen. Auch die Auslagerung von Bundesämtern in die Agglomeration oder Infrastrukturvorhaben wie das Tram Region Bern überwinden Grenzen.


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